Montag, 7. Februar 2011

Adelaide/Adelheid

Zwar sind wir in letzter Zeit was reisen angeht ein wenig an einem Fleck geblieben, aber trotzdem ist hier viel passiert, denn wie jeder weiß steht die Zeit ja nicht still.

Ersteinmal habe ich Nico zu verdanken, dass ich jetzt auf Hörbücher abfahre. Der sanften Stimme eines Vorlesers zuzuhören, die einen gleichzeitig noch zum denken anregt ist einfach ein Luxus, den ich vorherüberhaupt nicht kannte, jetzt aber noch mehr zu schätzen weiß. Mein erstes Buch war Hektor und die Entdeckung der Zeit von F. Lelord, ein supergeniales Buch, was mich auch wirklich über meine Zeit und wie ich damit umgehe zum grübeln gebracht hat. Eigentlich mache ich genau das beste, was man eigentlich machen kann. Ich fülle die Zeit voll aus und denke noch nicht so viel darüber nach, wie viel Zeit mit noch bleibt.

Zeit ist wirklich so eine Sache, zum Beispiel sind wir jetzt schon eine längere Zeit hier und kennen viele Leute aus unserem Hostel. Das ist wirklich schön, da man sich einfach zu jedem in den Kreis setzen und sich unterhalten kann. Die Estländer zum Beispiel trinken jeden Abend und wenn man Spaß haben will gesellt man sich einfach in die Runde oder man spielt eine Runde Pool, auch nicht immer mit den selben Leuten. Es gibt aber auch einige, die etwas komisch sind. Einen dieser etwas anderen Menschen ist auf unserem Zimmer. Er heißt Nick und sitzt eigentlich nur den ganzen Tag auf seinem Bett und hängt vor seinem MacBook. Wenn er aber mal nicht nach Jobs sucht, was er seiner Erzählung nach schon 8 Jahre lang macht, dann bringt er schon mal die ein oder andere kranke Aktion. Zum Beispiel kommt er vor die Tür, bietet Leuten Zigaretten an und geht dann ohne zu rauchen einfach wieder rein. Das lustigste aber sind seine Sprechanfälle. Ist es grad mal total leise im Raum wirft er einfach einen Kommentar ein, soetwas wie:

„Ich mag Frauen mit männlichen Gesichtern!“ „Gestern war die Sonne schön!“ oder ähnliches. Teilweise fängt er auch einfach an Deutsch zu reden und sich mit uns zu verständigen.

Was heute machen?

Ja... ok. Er spielt auch von Zeit zu Zeit die deutsche Nationalhymne, einfach krass.

Dann haben wir noch, ich weiß seinen Namen gar nicht, aber er sieht aus wie ein zu klein geratenes Mitglied der Kelly Familie mit Bart. Er kommt nur auf den Balkon um zu gucken, er sieht sich um und dann geht er wieder. Sprechen tut er zu keinem und man sieht ihn höchstens mal in der Küche alleine vor sich hin kochen. Manchmal sitzt er einfach irgendwo in einem Cafe und starrt einen an wenn man vorbei geht. Keiner kennt seinen Namen oder hat je seine Stimme gehört, er ist der geheimnisvolle Fremde, der geht und erscheint wo und wann immer er will.


Nico und ich können jetzt übrigens mit Stolz sagen unser erstes Auto in Australien gekauft zu haben. Die Schweizer haben es uns verkauft und nach viel Papierkram und Unterschriften gehört der rote Holden Jackaroo jetzt endlich uns. Noch nicht so lange haben wir unseren kleinen Freund, aber es ist doch schon einiges mit ihm passiert. In den letzten Tagen sind wir Abends öfter Mal zum Strand gefahren und haben immer noch wen mitgenommen. Am ersten Abend waren es Martin, Lydia und Luke und wir sind nach dem Sonnenuntergang schon relativ früh wieder heim, weil Luke am nächsten Tag arbeiten musste. Da wir hier in der Stadt keine freien Parkplätze gibt stellen wir unsere gute Adelheid, so heißt unser Auto, immer direkt vor die Tür und hoffen, dass wir keinen Strafzettel bekommen


kleiner Exkurs:

Wir haben mit ein paar Australiern Pool Trinkspiele gespielt und die haben uns erzählt, dass Adelaide von Deutschen gegründet wurde und eigentlich Adelheid hieß und weil wir unser Auto hier gekauft haben heißt es jetzt so.


Als wir zurückkamen wurde noch kräfitg gefeiert und wir haben uns dazu gesetzt und auch ordentlich einen drauf gemacht. Es war dieser eine Tag, an dem ich meine Hose angezogen hatte, in der ich immer mein Portmonee verliere. Schon drei Mal an dem Tag, ein Mal auf dem Balkon, dann beim Billard und im Zimmer hatte ich es verloren, aber es gab immer nette Leute, die es mir wieder zurückgebracht haben. Ich wusste aber, dass es ich diesmal im Auto habe liegen lassen und das sicherlich keiner einfach mal so in die Kiste einbrechen wird um mein Portmonee zu klauen. Morgens wurde ich etwas unsanft geweckt. Jane von der Rezeption stand neben mir und rüttelte mich aus dem Schlaf.

„Kai, Kai, get up, someone found your wallet!“

Was? Das hab ich doch... komisch.

Als ich die Augen auf machte erblickte ich einen Polizisten, der mit meinem Portmonee rumwedelte und mich etwas verdutzt ansah.

„Are you Kai Hottenroth?“

„Yes?!“

„Is this your wallet?“

„Yes it is...“

„You may want to come with me to lock your car?“

Ach du kacke, da hatten wir wohl nicht aufgepasst und die Türen nich richtig abegschlossen. Zum Glück gabs den Polizisten. Er sagte noch, das er den Zehner drin gelassen und sich den Fünfziger als Trinkgeld genommen hat. Lachend spazierte ich in Boxershort mit ihm die Treppe herunter. Etwas zu energisch und auch mit einem leichten Kater noch nicht so ganz auf der Höhe wollte ich die die letzte Stufe herunterspringen und knickte dabei böse um. Nach eine kleinen Verschnaufspause und einem männlichen gegen die Wand schlagen gings weiter. Als ich die Tür öffnete war ich nur ein wenig verwirrt. Wo ist mein Auto?

Gestern stand es noch vor der Tür!

Ich blieb stehen während der Polizist weiter die Straße lang lief.

„Are you still drunk? Forgotten where you parked your car mate?“

Jetzt völlig verwirrt lief ich immernoch leicht bekleidet hinter der Polizisten her. Ich fand unser Auto mit weit offen stehenden Türen auf dem Parkplatz hinterm Haus. Wie ist das passiert?

Da hatte sich wohl jemand einen Joyride gegönnt. Ich schloss die Türen, bedankte mich herzlich bei dem Polizisten und ging wieder rein.

Als ich es Nico erzählte realisierte er das ganze erst garnicht. Erst nach dem zweiten Mal hörte er genauer hin und merkte, dass die Sache echt ein bisschen ernst war. Unser Auto wurde beinahe geklaut und wir konnten froh sein, dass es nur Spaßhvögel waren. Wie sich ein paar Tage später herausstellte waren es Leute aus unserem eigenen Hostel, die dachten es sei immernoch das Auto der Schweizer und wollten sich für die blöde Sachen rächen, die sie gemacht hatten.

Sie haben es auch echt übertrieben, aber das waren um sie ein wenig in Schutz zu nehmen nicht nur sie. Ich hab mein Zimmer direkt an der Straße und am Balkon, weiß eigentlich also die ganze Zeit, was hier draußen so los ist auch wenn ich grade mal nicht dabei bin.

Ein Morgen war wirklich schon ziemlich heftig. Wieder mal saßen die üblichen Kandidaten auf dem Balkon und haben sich mit Alkohol vom Arbeitsalltag erholt. Was vorerst keine bemerkte, sich aber als eines es gehen hatte doch sehr schnell die Runde war, dass sich ein japanisches Mädchen auf dem Nachbarhaus das Leben nehmen wollte. Bereit ihren Schritt zu machen stand sie zitternd an der Kante, worauf die Experten hier meinten es sei ein Scherz. So stellten sie sich mit einer Pilone zum Megaphon unfunktioniert an die Ecke des Balkons und riefen abwechselnd „Jump“ und Don't jump!“.

Die Aktion hatte mittlerweile so viel aufsehen erregt, dass sich die Polizei um das Haus und auch um unseren Balkon aufgestellt hatten. Nach einer Weile entschied sich das Mädchen dann zum Glück nicht so springen, aber der Polizei war klar, auf diesem Balkon bekommt irgendwer etwas ab. Ziemlich gereizt lief die Hausherrin auf dem Balkon umher und fragte, wer dafür verantwortlich sei. Keiner meldete sich, aber klar war, dass der nächte der Scheiße baut hochkannt herausfliegt. Unwissend kamen die Schweizer mit einem Kasten Bier um die Ecke. Sie setzen sich zusammen mit Jens dem Dänen auf den Balkon und hauten sich mit Saufspielen den Kasten in einer Affengeschwindigkeit in den Kopf, sodass sie garnicht mehr im stande dazu waren zu unterscheiden, was schlecht oder gut ist.

Sie kamen auf ziemlich dumme Ideen, wie ihre Schuhe auf die Straße zu werfen und wer seinen als letztes hat ist der Verlierer. Mit dem Spiel war die Grenze aber noch nicht erreicht, sie kletterten auf die gegenüberliegende Busstation, machten mächtig Lärm und als sie wieder auf dem Balkon waren hatte es ihnen die sowieso schon kaputte Gitarre angetan. Mit lautrem Geschrei zertrümmerten sie das Geschenk eines Backpackers an den Balkon auf dem Boden. Wutentbrannt stürmte Tanya in die Runde, schloss den Balkon und schmiss die Schweizer und einen Italiener aus dem Hostel.

Da standen sie nun, alleine, verlassen und immernoch ziemlich betrunken auf der Straße und wussten nicht so recht wo sie hin sollten.

Wir sollten ihnen helfen ihr Geld, dass sie schon bezahlt hatten wieder zu bekommen, hatten aber gerade ganz andere Probleme, weil in unserem Auto die ganze Nacht das Licht gebrannt hat war die Batterie jetzt nämlich leer und wir mussten es anschieben.

Als wir nach einmal die Straße hoch und wieder runterschieben und nach einem Fremdstart das Auto endlich zum laufen gebracht hatten waren sie weg und wir konnten ihnen nicht mehr helfen.

Nachdem der Balkon geschlossen wurde mussten wir uns einen neuen Platz suchen an dem man gemütlich sitzen konnte. Wir entdeckten einen noch viel besseren und gemütlicheren Platz, auf der Treppe die zum Billardraum führte. Unten waren uns zu viele Leute und so blieben wir den ganzen Abend dort sitzen und wollte eigentlich nur unsere Ruhe haben. Immer wieder liefen Leute an uns vorbei um aufs Klo zu gehen und die meisten blieben stehen um sich zu unterhalten. So haben wir einmal die Chance gehabt uns mit jedem zu unterhalten und es war echt der wahnsinn. Erst haben wir Bier angeboten bekommen, dass wir natürlich gleich annahmen und so hatten wir gleich etwas zu trinken. Nach eine halben Stunde stand einer der Estländer vor der Tür und kam nicht rein und als wir ihm die Tür öffneten war er so glücklich, dass er sich gleich eine Tüte Chips mit uns teilte.

Klasse Abend, aber das geht jetzt leider nicht mehr, weil der Balkon wieder offen ist und da keine Leute mehr vorbei laufen, mit denen man sich unterhalten kann.


Am Sonntag hatten wir auch einen schönen Tag. Wir sind mit Lydia und Luke zu den Adelaide Hills gefahren und haben uns die geniale Aussicht auf die echt grüne Stadt einmal angesehen. Um das Stadtzentrum ist erstmal mindestens 200 Meter nur Parkgebiet und dann fangen erst die umliegenden Häuser an. Erst wollten wir laufen, aber dann haben wir nachgedacht und doch lieber entschieden nochmal zum Fresschinesen zu gehen, da man sich da für 5 Dollar den Teller bis zum Ende voll machen kann. Also schnell wieder ins Auto und schnell zurück in die Stadt, wo das leckere Essen schon auf uns wartete. Ich habe es nicht geschafft, obwohl ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Auf dem Rückweg sollte ich unbedingt mal einen Bubbletea probieren, Ly und Luke hatten schon alle Sorten durch und ich sollte es mal testen. Es ist ein sehr leckerer Milchshake mit kleinen, aus Stärke hergestellten Kugeln drin. Sie schmecken nach nichts, fühlt sich aber sehr lustig an damit herum zu spielen. Ich habe herausgefunden, dass es die perkten Geschosse für ein Blasrohr sind und so ballerte ich mit pinken Kugeln um mich was das Zeug hält.

Wieder im Hostel klingten wir uns in eine kleine Feiergemeinde ein uns hatten dabei wirklich unheimlich viel Spaß. Ich habe wieder eine Sprache dazu gelernt, ich kann jetzt


Hebräisch

Zona = ist kein schönes Wort, sollte man auch nicht benutzen.


Koreanisch

Kath = ein Ausruf wie verdammt


Französisch

E de tour de eifel do meu pantalons! = Franzosen und Leuten die es sprechen werden sich jetzt kaputt lachen, aber ich habe ja keine Ahnung! Es bedeutet aber, dass ich den Eifelturm in meiner Hose habe, ist aus Scrubs geklaut.


Und jetzt ganz neu

Holländisch:

Apen swaffeling Kuhlkasten = Einen Affen im Kühlschrank mit dem männlichen Genital verprügeln...


Tja, mehr lernt man hier leider nicht, da kann ich leider auch nichts für!

Jetzt muss ich ersmal mein Auto umparken um nicht schon wieder einen Strafzettel zu bekommen und danach geht’s wieder zum Chinesen, mal sehen was ich heute esse!

In der nächsten Zeit werden wir übrigens auf einer Wwoofingfarm sein und da arbeiten. Mal sehen ob wir währenddessen noch einen richtigen Job finden, der Kerl war auf jeden Fall ziemlich verrückt nach uns. Er hat nachdem ich seine Mails nicht bekommen konnte, weil mein Postfach voll war, bei jedem Hostel in Adelaide angerufen um uns zu bekommen. Heute sollen wir ihn mal anrufen um zu klären, wann wir kommen sollen, was unsere Aufgaben sind und da er in einer Klinik arbeitet soll unser Einwirken auf die Patienten so gering wie Möglich gehalten werden und dazu will er uns noch ein paar Sachen sagen.

Ich bin gespannt wie das wird, bis dahin


viele Grüße aus dem warmen Australien ins warm werdende Deutschland!



Fotos sind übrigens grad schlecht, weil meine Kamera unseren Trip nach Adelaide nicht überlebt hat... bald kommen wieder welche!

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Man Kai! Sieh mal zu das du deine Einträge etwas kürzer gestaltest, ich habe nicht so viel Zeit zwischen den Vorlesungen.

Skinnyfatboy, over and out!

Maurice

Kai hat gesagt…

So lang sind die ja wohl nicht, du musst einfach schneller lesen ;)
Nick hat mich übrigens gerade gefragt, ob ich ein wenig Zink haben will, dass sei gut für die Samenproduktion!

Anonym hat gesagt…

Skinnyfatboy was geht? Ich les immer brav, aber hab dann keine zeit für comments!

Spörgel

Niklas K. hat gesagt…

Ich habe gestern Hermelum und Susemaus bei der Einweihungsparty vom Neuni getroffen, war wie immer herrlich :-D
da ging mal wieder ein Streifen ab, müssen bald mal wieder telefonieren.

...und jetzt weitermachen!

Julian hat gesagt…

Hey! Alles klar bei dir?
Wasn los? Laptop kaputt? Hände ab? ;-)Schreib mal wieder was. Ich warte schon sehnsüchtig :-)